Der Campingplatz von Reykjavik ist erreicht: Erst mit einer runtergebundenen Heckklappe über bundesdeutsche Autobahnen, dann in einer absurd lärmenden B757 der Icelandair und abschließend dem FlyBus, der uns dankbarerweise direkt am Campingplatz absetzt. Ich glaube es war irgendwas um 17:00 Uhr: Räder aufbauen, Ausrüstung auspacken, wieder einpacken, umpacken… das dauert wohl noch ein paar Tage bis alles seinen finalen Platz in den Taschen gefunden hat, aber das kennen wir ja beide von unseren vorherigen Touren. Wir, dass sind Simone und Nico, die wir uns dem Abenteuer stellen über 4 Wochen mit den Reiserädern Island zu erkunden. Die Tour war im Vorfeld grob abgesteckt. Durch das Hochland an die Nordküste und anschließend über die Westfjorde irgendwie wieder Richtung Reykjavik retour.
Raus aus Reykjavik und Richtung Osten
Auf der Ringstraße, die Island einmal umrundet, radeln wir unproblematisch bis Selfoss, einer größeren Stadt an der Südküste. Bis wir auf dem dortigen Zeltplatz ankommen haben wir uns schon gut an das Gewicht der schwer bepackten Reiseräder gewöhnt. Trotzdem sind wir etwas wegen des vielen Verkehrs angefressen, rollt doch quasi alles was aus Reykjavik hinaus möchte über die Ringstraße und damit auch im Sekundentakt an uns vorbei. Allerdings sind fast alle Autofahrer auf Island sehr rücksichtsvoll und lassen ausreichend Abstand beim Überholen. Der meist sehr breite Seitenstreifen ermöglicht ein weitestgehend stressfreies Radeln.
Kurz hinter Selfoss verlassen wir die viel befahrene Ringstraße und kommen zum ersten Mal in den Genuss von minimalem Verkehr kombiniert mit einer großartigen Kulisse. So haben wir uns beide die Radreise auf Island vorgestellt!
Über die Straße 30 und 32 geht es langsam aber sicher hinauf ins Hochland. Die Steigung ist eigentlich kaum zu bemerken. Mit jedem Meter den wir jedoch in der Vertikalen zurücklegen zieht sich die Vegetation zurück.
Auf dem einfach ausgestatteten aber dennoch wunderschönen „Naturzeltplatz“ Sandártunga übernachten wir bevor wir dann Morgen die Sprengisandur in Angriff nehmen wollen. Wir fühlen uns gut vorbereitet. Wir haben ausreichend Nahrung und die Wettervorhersage war in Selfoss sehr vielversprechend. Was soll da noch schief gehen?
Am nächsten Morgen passieren wir immer noch auf super Asphalt das „Highland Center Hrauneyjar„, quasi den letzten Außenposten der Zivilisation bevor wir auf die Piste F26 einbiegen.
Nach weiteren 10 km treffen wir auf den Abzweig der F208 die nach Landmannalaugar führt. Dort habe ich 2012 meine erste wirkliche Trekkingtour auf dem Laugavegur gestartet. Da kommen Erinnerungen hoch, auch wenn ich damals mit dem Bus aus Reykjavik angereist bin. Aber wir haben ein anderes Ziel. Wir wollen quer durchs Hochland bis nach Akureyri. Also weiter!
Jetzt geht das Hochland richtig los!
Und irgendwann stehen wir dann dort wo die Straße 26 zur Hochlandpiste F26 wird. Deutlich zu erkennen an der Stelle, an der der Asphalt aufhört und der Schotter beginnt. Um uns herum kein Baum, kein Strauch höchstens ein einzelnes verkümmertes Pionierpflänzchen dessen Name wir nicht kennen. Dann noch drei Schafe, die weiß der Geier was fressen, aber grundsätzlich im Dreierpack auftauchen.
Direkt zu Beginn der F26 wartet ein mit Bremswellen vernarbter und mit weichem Sand kombinierter Anstieg von 150 hm auf uns. An Fahren ist hier nicht zu denken. Zumindest nicht mit unseren Rädern. Also absteigen und schieben… zerren, einzeln die Räder gemeinsam hinauf drücken. Oben angelangt, der Höhenmesser zeigt gerade einmal 770m ü. NN., rollt sich vor uns die schwarzgraue Hochlandfläche aus und wir sind schon heftig am Zweifeln, ob das eine so gute Idee ist. 5 Tage haben wir für die 200 km, bis wir wieder auf Asphalt treffen, eingeplant. Das macht eine Tagesleistung von 40 km. Normalerweise sollte das einfach zu schaffen sein.
Eine schwierige Entscheidung…
Mir macht in diesem Moment aber jedoch etwas ganz anderes viel mehr Sorgen, während ich in der Ebene im zweiten Gang in Schrittgeschwindigkeit durch den Sand und um die Bremswellen zirkele: Das Wasser. Ich habe heute Morgen 3 Liter Wasser in Flaschen in das Rahmendreieck geladen. Davon habe ich schon 2 Liter getrunken. Simone hat 1,5 Liter in Flaschen und noch einmal 4 Liter in einem Wassersack auf dem Gepäckträger. Uff… wenn die Sonne so weiter brennt reicht das gerade mal bis heute Abend. Bei der Planung der Tour sind wir fest davon ausgegangen, dass Wasser auf der Sprengisandur regelmäßig verfügbar ist. Nun ist das hier aber alles so trocken, die Sprengisandur kann dabei ohne Probleme dem Mond Konkurrenz machen und wir kommen unglaublich langsam voran. Also was tun?
Nach etwa 5 km durch den Sand treffe ich für mich eine Entscheidung, die mir alles andere als leicht fällt. Ich stoppe Simone und wir diskutieren über den Sinn und Unsinn der Hochlanddurchquerung. Wir entscheiden gemeinsam, dass wir unseren Plan fallen lassen und drehen um. Heute Abend werden wir die gesamte Reise umplanen müssen…
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