Fortsetzung von „Circum Kattegat – Teil 2: Auf dem Rallarvegen über die Hardangervidda„
In Haugastøl erwartet mich wieder der ganze Wahnsinn der modernen Gesellschaft, den ich die letzten zwei Tage nicht vermisst habe: Autoverkehr ohne Ende! Auf der E7 geht es weiter in Richtung Osten. Der Verkehr steht der E16 leider in nichts nach. Zum Glück gibt es meist einen 30-40cm breiten Seitenstreifen auf dem ich dahinrolle. Außerdem sind 90% der Norweger sehr rücksichtsvolle Autofahrer. Die aus Deutschland bekannten „Erziehungsmaßnahmen“ selbst ernannter Hilfssheriffs treffe ich hier nicht an.
Verkehr ohne Ende!
Dennoch schlägt mir der Verkehr mit der Zeit aufs Gemüt, da ich einen Großteil der kommenden Strecke bis zum Oslofjord auf der E7 zurücklegen muss. Stellenweise drängt sich mir sogar der Gedanke auf, dass die Norweger hauptsächlich damit beschäftigt sind mit dem Auto durch die Gegend zu fahren. Selbst auf Nebenstraßen begegnet man ständig Autos. Das bin ich aus dem Rest von Skandinavien anders gewöhnt. 😉 Vermutlich liegt es aber eher an der Konzentrierung des Verkehrs auf die wenigen hervorragend ausgebauten Straßen in den Tälern der Fjorde. Aber ich schweife ab…
Von Haugastøl folge ich also der E7 bis kurz hinter Geilo. Dort zweigt die Radroute #4 für ein kurzes Stück von der E7 ab und folgt ihr parallel auf einem gut zu fahrenden Schotterweg.
Der Weg erzeugt jedoch einiges an „Bonushöhenmetern“. Eigentlich sollte es doch „nur“ 1000 hm hinab bis zum Fjord gehen?? Und so habe ich fast jeden Abend mehr als 1000 hm Aufstieg auf dem Tacho stehen.
Endlich hält der Wetterbericht was er versprochen hat!
Wenige Meter von einem kleinen Bach entfernt finde ich einen wunderbaren Fleck auf dem ich mein Zelt errichte. In der Abendsonne kann ich auch endlich mal wieder meine gesamte Ausrüstung trocknen. 🙂
Ein Tagesablauf auf Tour
Überhaupt sind die kommenden Tage bis zum Oslofjord so wie ich mir eine Radreise vorstelle – vom Verkehr mal abgesehen… Ich stehe morgens gegen 7 Uhr auf. Allerdings ohne Wecker. Man bekommt relativ schnell einen ziemlich stabilen Tagesablauf. Gegen 9 Uhr habe ich gefrühstückt, das Camp ist abgeschlagen und auf dem Rad verstaut. Los geht’s!
Dann fahre ich solange wie ich Lust habe. Natürlich ist ein gewisser sportlicher Ehrgeiz vorhanden immer eine dreistellige Kilometeranzeige auf dem Tacho zu erreichen. Wenn es jedoch einmal nicht klappt,… klappt es eben nicht. 😉 Gegen 17-18 Uhr habe ich meist einen Zeltplatz gefunden auf dem ich mein Camp errichte. Abendessen. Gegen 21:30 Uhr krabbel ich müde in den Schlafsack.
Ersatz wird beschafft!
Auch das Radel braucht ein bisschen Zuwendung und so wird es eigentlich täglich nach dem Abendessen grob durchgesehen. Dabei ist mir beim letzten Camp aufgefallen, dass die Karkasse des Hinterreifens beidseitig rundherum aufgeplatzt ist. Die Überquerung der Vidda ging wohl doch mehr aufs Material als ich gedacht habe. Um kein Risiko einzugehen beschaffe ich in der Stadt Gol Ersatz. Für die kommenden Tage wird der neue Pneu Teil meines Reisegepäcks sein bis ich ihn in Drammen aufziehe.
Die Landschaft verändert sich
Je mehr Höhenmeter ich abbaue desto stärker verändert sich die Landschaft. Sind auf der Vidda lediglich Felsen, Flechten und Mose präsent treffe ich in Haugastøl bereits auf erste kleine verkrüppelte Bäume.
Unterhalb von Geilo stehen dann bereits stattliche Nadelbäume am Wegesrand. Peu à peu zieht auch die Landwirtschaft wieder ein und ich sehe erste saftgrüne Futterwiesen und Getreidefelder auf denen gerade die Frucht eingeholt wird.
Nun wird die Distanz zur wilden Natur der Hardangervidda auch immer deutlicher. Ortschaft reiht sich an Ortschaft und man merkt mit jedem Kilometer, dass man dem Zentrum von Norwegen, der Stadt Oslo näher kommt. Dennoch gelingt es mir abends das ein oder andere ruhige Zeltplätzchen zu finden.
Der Oslofjord kommt in Sicht
In Drammen erblicke ich den Oslofjord und verbringe eine Nacht auf dem hiesigen Campingplatz. Am vierten Tag nachdem ich die Vidda verlassen habe erreiche ich den Fährort Horten.
Dort rolle ich für schmales Geld auf eine Fähre nach Moss am gegenüberliegenden Ufer des Fjords.
Eigentlich war mein Plan in Moss auf den Nordseeküstenradweg zu wechseln, der mich bis nach Göteborg bringen sollte. Ist die Ausschilderung innerhalb von Moss noch ausreichend verliert sie sich am Stadtrand bereits vollständig. Nach ein bisschen Herumgekurve beschließe ich frei Schnauze an der Küste entlang zu fahren.
Ausschilderung: Mangelhaft!
Ab und an treffe ich auch wieder auf Schilder des Radweges, aber ich versuche erst gar nicht mehr der Route zu folgen. Fazit: Ausschilderung mangelhaft. Eine Karte oder ein GPS-Track mit dem genauen Verlauf der Route wäre notwendig um hier wirklich Spaß zu haben.
In Fredrikstad verbringe ich eine weitere Nacht auf einem Campingplatz unweit der Altstadt der allerdings nicht wirklich zu empfehlen ist. Der Betreiber nimmt unverschämte 250 NOK und die halbe Nacht fahren Jugendliche mit ihren frisierten Rollern am Zaun auf und ab… Naja… ist ja auch nur für eine Nacht. 😉
Am kommenden Mittag überquere ich am Svinesund die Grenze zwischen Schweden und Norwegen auf der alten Svinesundbrücke.
Damit ist der Abschnitt „Norwegen“ meiner „Circum Kattegat“ abgeschlossen – Göteborg ich komme!
Hier geht’s zu Teil 4 der Circum Kattegat: Durch das Bohuslän bis nach Göteborg
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