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Circum Kattegat – Teil 2: Auf dem Rallarvegen über die Hardangervidda

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Fortsetzung von „Circum Kattegat – Teil 1: Auf dem Hærvejen durch Jütland

Nach einer nächtlichen Fährfahrt bei unruhiger See kommt am frühen Morgen erstmals norwegisches Festland in Sicht.

Die norwegische Küste ist in Sicht!
Die norwegische Küste ist in Sicht!

Nach einem kurzen Zwischenstopp in Stavanger geht es weiter nach Bergen wo mich die Fähre mit etwas Verspätung entlässt. Die Stadt empfängt mich standesgemäß mit dicken Regentropfen. Kein Wunder,… regnet es doch in der zweitgrößten Stadt Norwegens statistisch 248 Tagen im Jahr. Damit ist sie die regenreichste Großstadt Europas. Begünstigt wird das durch die Lage an der Westküste an deren steilen Hängen sich die vom Atlantik heranziehenden Regenwolken abregnen.

Mein erster Anlaufpunkt in Bergen ist das YMCA Hostel, in dem ich eine Nacht verbringen werde. Hier kann man sehr günstig in einem Schlafsaal übernachten. Das Frühstück kostet zwar 50 NOK Aufpreis ist aber sehr reichhaltig und daher für norwegische Verhältnisse ein absoluter Preis/Leistungskracher! 😀

Allerlei Köstlichkeiten auf dem Fischmarkt von Bergen.
Allerlei Köstlichkeiten auf dem Fischmarkt von Bergen.

Den restlichen Nachmittag nutze ich um Bergen zu erkunden. Allerdings treffe ich hier mal wieder auf mein Standardproblem: Was tun in einer Stadt? Städte wirken auf mich irgendwie schwer langweilig… 😀

Daher bin ich gar nicht enttäuscht als es am kommenden Morgen weiter in Richtung Osten geht. Ausnahmsweise mache ich es mir mal einfach und nutze den Zug bis nach Dale, da ich bereits im Vorfeld erfahren habe, dass der Abschnitt der E16 zwischen Bergen und Vossevangen sehr stark befahren sein soll. Sämtlicher Verkehr der aus Bergen in Richtung Osten fährt muss diese Straße verwenden.

Der Zug nach Myrdal bringt mich bis nach Dale.
Der Zug nach Myrdal bringt mich bis nach Dale.

Beim Aussteigen in Dale treffe ich auf Artur, einen spanischen Radreisenden der die gleichen Gedanken zur E16 hatte wie ich und zudem noch das selbe Tagesziel anstrebt: Den kleinen Ort Gudvangen am Nærøyfjord. Zusammen fahren wir den Bergdalsvegen der uns über einen kleinen aber sehr schönen Umweg nach Vossevangen bringt ohne auf die E16 ausweichen zu müssen.

Wasserfälle überall... ?
Wasserfälle überall…

In Vossevangen bleibt uns jedoch leider keine Wahl und wir müssen auf der E16 weiterfahren. Wahrlich kein Spaß. Im Sekundentakt überholen PKW, Busse und LKW. Wir sind beide heilfroh als wir in Gudvangen eintreffen.

Die endsteilen Serpentinen von Stalheim hinab nach Gudvangen.
Die endsteilen Serpentinen von Stalheim hinab nach Gudvangen.

Artur zieht ein Wildcamp vor, ich hingegen gehe auf den kleinen Campingplatz von Dave kurz vor dem Ort. Leider ist 2016 das letzte Jahr in dem er den Platz betreiben wird. Hoffentlich bleibt der Platz dennoch mit seinem Flair erhalten. Es war einfach mit Abstand der alternativste Platz meiner gesamten Tour. 😉

Mit der Fähre unterwegs im Aurlandsfjord

Am nächsten Morgen hängt der Himmel in den Kniekehlen… Dicke Regenwolken versprechen keinen fahrradtechnischen Hochgenuss an diesem Tag. Mit kompletter Regenmontur versehen rolle ich die letzten Meter bis Gudvangen. Dort kaufe ich ein unverschämt teures Fährticket nach Flåm. Für zwei Stunden Fährfahrt zahle ich 420 NOK. Nicht einmal gutes Wetter kann man mir für diesen Preis bieten! 😀 Man merkt das es sich bei der Fähre um ein absoluten Tourianlaufpunkt handelt.

Ich versuche das Beste daraus zu machen und schieße jede Menge Fotos des Fjords wobei aber das Meiste totaler Mist wird… 🙁

Nach 2h Dauerregen erreicht die Fähre Flåm, wo auch bereits ein Kreuzfahrtschiff vor Anker liegt. Ich habe mir sagen lassen, dass fast jeden Tag ein anderes Kreuzfahrtschiff eintrifft und dann die Passagiere mit der Fähre den Aurlandsfjord besichtigen. Mit der Flåmbahn können sie einen Abstecher auf die Hardangervidda unternehmen. Und genau das ist es was ich bei meiner Ankunft erlebe. In langen Kolonnen ziehen die Menschen in Richtung Wagons…

Anders als die Passagiere der Fähre kann ich mir das zum Glück ersparen. Ich werde aus eigener Kraft auf die Vidda gelangen.

Aufgrund des miesen Wetters entschließe ich mich jedoch vorerst in Flåm auf dem Campingplatz abzuwettern.

Abwettern live! ?
Abwettern live!

Der Campingplatz überrascht mich in vielerlei Hinsicht. Mit 120 NOK ist er sehr günstig. Das hätte ich bei einem solchen Touriort nicht erwartet!

Das Highlight der Tour: Die Hardangervidda

Am nächsten Tag starte ich meine Tour auf die Hardangervidda, für mich das absolute Highlight der Tour. 2013 habe ich sie bereits von Nord nach Süd zu Fuß überquert. Nun folgt die Traverse von West nach Ost. Der Wetterbericht prognostiziert eine langsame Besserung, die am Nachmittag einsetzen soll. Na, da hat sich das Abwettern ja gelohnt!

Mir entgegen kommende Radfahrer weisen mich darauf hin, dass es in die andere Richtung deutlich leichter wäre.

Von Flåm aus geht es, immer parallel zur Flåmbahn, etwa 17 km morderat bergauf.

Ein Blick zurück nach Flåm. ?
Ein Blick zurück nach Flåm.
Die Flåmbahn.
Die Flåmbahn.
Die ersten Kilometer geht es moderat steil hinauf.
Die ersten Kilometer geht es moderat steil hinauf.

Nach 550 hm stehe ich jedoch wie vor einer Wand. In engen Serpentinen geht es nochmal 350 hm hinauf. In drücke und zerre das Rad über den Schotter. Mir entgegen kommende Radfahrer weisen mich darauf hin, dass es in die andere Richtung deutlich leichter wäre: Danke für diese Information! Mit der Taktik „ein Schritt nach dem anderen“ gelange ich jedoch schlussendlich hinauf.

Blick die Serpentinen hinunter kurz vor Myrdal.
Blick die Serpentinen hinunter kurz vor Myrdal.

Bei Myrdal treffe ich auch auf den Verlauf der Nationalen Fahrradroute #4 dem ich ab jetzt bis Drammen am Oslofjord folgen werde.

Immer parallel zur Bergenbahnlinie geht es über die Vidda.
Immer parallel zur Bergenbahnlinie geht es über die Vidda.

Mein Tagesziel ist es jedoch ein Großteil der 1300 hm Aufstieg auf die Vidda zu schaffen. Also weiter! Im Nieselregen geht es über alle verschiedenen Sorten von Schotter weiter hinauf. Große Steine, kleine Steine, flache und spitze… Ab und an knallt es an Vorder- oder Hinterrad, dass mir Bange wird, aber das Radel hält durch. Sowieso ein Wunder, dass ich es noch nicht klein gerissen habe… 😀

Einige Kilometer hinter Hallingskeid und nach ziemlich genau 1200 hm finde ich einen schönen Zeltplatz an einem See in Sichtweite der Bergenbahnlinie. Ich schlage mein Zelt auf und bald darauf treibt mich der Regen bereits hinein. Wetterbesserung? Pustekuchen! Aber so ist die Vidda eben,… 😉

Auf dem Rallarvegen in Höhe der Siedlung Hallingskeid.
Auf dem Rallarvegen in Höhe der Siedlung Hallingskeid.

Schön, schöner, der heutige Tag auf der Vidda!

Nach einer regnerischen und windigen Nacht hoffe ich, dass sich das Wetter heute endlich bessern wird.

Mein verregnetes Camp auf der Vidda. Im Hintergrund erkennt man das Westportal des Finsetunnels.
Mein verregnetes Camp auf der Vidda. Im Hintergrund erkennt man das Westportal des Finsetunnels.

Am Morgen kann ich bereits erste blaue Flecken am Himmel erkennen. Aber richtig durchzusetzen vermag sich die Sonne noch nicht und es gehen beim Frühstück immer noch einzelne Schauer nieder.

Trotz trübem Wetter gute Laune! :D
Trotz trübem Wetter gute Laune! 😀

Vorsichtshalber lasse ich die Hardshell an und folge dem Rallarvegen in Richtung Finse. Ich komme richtig gut voran… erschreckend gut!

Auf solchen Wegen kommt man hervorragend voran.
Auf solchen Wegen kommt man hervorragend voran.

Bei diesem Tempo werde ich die Vidda heute problemlos überqueren! Von selbst geht es dennoch nicht… 😀

Der Kenner bemerkt sofort welcher Antrieb an meinem Radel verbaut ist… 😀

Die alten Bergenbahngleise kurz vor Finse. Heute ist dieser Streckenabschnitt außer Betrieb und durch den neuen Finsetunnel begradigt.
Die alten Bergenbahngleise kurz vor Finse. Heute ist dieser Streckenabschnitt außer Betrieb und durch den neuen Finsetunnel begradigt.
Überall rauscht Wasser über die Felsen. ?
Überall rauscht Wasser über die Felsen.

In der Hütte Fagernut genehmige ich mir einen Kaffee und eine „Rallarwaffel“. Sehr lecker! Dort gibt es auch ein kleines Museum zum Rallervegen und dem Bau der Bergenbahn.

Die bewirtschaftete Hütte Fagernut.
Die bewirtschaftete Hütte Fagernut.

Kurz darauf überquere ich mit 1343 m die höchste Stelle des Rallarvegen. Fälschlicherweise habe ich angenommen bereits vor Fagernut auf einem Pass mit 1333 m die höchste Stelle passiert zu haben, was ich auch ausgiebig dokumentiert habe. Naja… macht nichts. 🙂

Solch eine Hütte wäre doch was! :)
Solch eine Hütte wäre doch was! 🙂

Finse – der höchstgelegene Bahnhof Nordeuropas

Der folgende Streckenabschnitt ist hervorragend zu befahren und so erreiche ich bald den Ort Finse, der mir bereits von meiner Tour 2013 bekannt ist. Kurz vor Finse passiere ich noch den Wegweiser der auf die DNT-Hütte Rembesdalseter hinweist. 2013 sind wir an dieser Stelle vom Rallarvegen abgebogen. Kopfkino! 🙂

Der Abzweig nach Rembesdalseter.
Der Abzweig nach Rembesdalseter.
Die Siedlung Finse mit dem höchstgelegenen Bahnhof Nordeuropas.
Die Siedlung Finse mit dem höchstgelegenen Bahnhof Nordeuropas.
Der Zug nach Myrdal wartet auf Passagiere. ?
Der Zug nach Myrdal wartet auf Passagiere.

Ich schieße ein obligatorisches Selbstportrait als Beweis… 😀

Angekommen in Finse.
Angekommen in Finse.

Weiter geht’s bis nach Haugastøl

Nach Finse verliert der Rallarvegen etwas seine Rauheit. Sanft bergab geht es auf bestem Feinschotter bis zum Ende des Rallarvegen nach Haugastøl.

Das letzte Schild des Rallarvegen unmittelbar bei Haugastøl.
Das letzte Schild des Rallarvegen unmittelbar bei Haugastøl.
Haugastøl ist erreicht. Damit ist die Überquerung der Vidda nach zwei Tagen abgeschlossen. Allerdings wartet auf mich bis zum Oslofjord nochmals 1000 hm Abfahrt.
Haugastøl ist erreicht. Damit ist die Überquerung der Vidda nach zwei Tagen abgeschlossen. Allerdings wartet auf mich bis zum Oslofjord nochmals 1000 hm Abfahrt.

Hier geht’s zu Teil 3 der Circum Kattegat: Bis an die schwedische Grenze

 

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